Der Blob

Der Blob

Lag einfach so da, am Fuss einer alten Eiche. Mein erster Gedanke war: Bauschaum. Da hat sich die Dorfjugend einen Spaß mit diesem überaus vielseitigen Material erlaubt.[1] Es war jedoch schnell klar, dass es was organisches sein muss. Die Lage am Fuss des Baums legt natürlich einen Baumpilz nahe. Aber welcher wird so groß?

Tropfender Schillerporling

"Tropfender Schillerporling mit Eiche

Der Vergleich mit meinem Fuss zeigt die Größe des Pilzes.

Tropfender Schillerporling, mit Fuss als Vergleich

Falls jemand glaubt, ich hätte bloß kleine Füße, hier noch ein Größenvergleich:[2]

Tropfender Schillerporling im Größenvergleich

Das Bild zeigt auch das Bestimmungsbuch, das ich meistens verwende, den von mir überaus geliebten Tröger/Hübsch.

Neben der Größe ist auch die Form ungewöhnlich. Baumpilze stellt man sich als Scheiben vor, die waagerecht aus dem Stamm eines Baums herauswachsen. Der Fachmann nennt sowas Konsole. Mit Poren auf der Unterseite und einer oft harten, ledrigen Oberseite. Der Pilz hier hat erstmal keine sichtbare Form, er ist einfach ein "Blob".

Innendrin sieht es anders aus. Um das zu sehen, muss man ihn erstmal anschneiden. Das ist überraschend schwer. Beim zweiten Besuch hab ich eine Taschensäge mitgebracht, trotzdem war es nicht einfach, ein Stück abzubekommen. Am Ende ging es mit einer Mischung aus Sägen und Hebeln.

Im Anschnitt sieht man, dass der Pilz bloß eine Lage Poren hat, siehe Markierung.

Tropfender Schillerporling, Porenschicht

Das grenzt die Auswahl ein. Nach einigem Bestimmen[3] kommt man schließlich auf Inonotus dryadeus, den tropfenden Schillerporling.

Der Fundort passt auch. Dieser Pilz ist quasi der Sterbehelfer sehr alter Eichen. Er befällt den Baum erst gegen Ende seines Lebens und gibt ihm dann, unromantisch formuliert, den Rest. Frische Fruchtkörper haben große Tropfen auf der Außenseite, daher der Name des Pilzes. Diese Tropfen enthalten Oxalsäure, was den Baum zusätzlich schwächt.

Bei meinem Fund handelt es sich um eine sogenannte Pilzmumie, was wohl auch erklärt, warum der Pilz so hart und zäh ist. Wenn er noch frisch ist, ist der Schillerporling von Tropfen überzogen. Leider habe ich selbst noch keinen Schillerporling in diesem Stadium angetroffen (die Aufnahmen entstanden im Februar 2022, wie am Schnee unschwer zu erkennen ist), weswegen hier ein Link ins Internet ausreichen muss: https://fundkorb.de/pilze/inonotus-dryadeus-tropfender-schillerporling.

Der Pilz ist auch äußerst beliebt bei Schnecken. Klicken Sie den folgenden Link nur an, wenn Sie keine Schneckenphobie haben: https://www.pilzforum.eu/attachment/233587-20170728-113333-jpg/.

Den ganzen Thread auf diesem Forum gibt’s hier: https://www.pilzforum.eu/board/thread/41418-tropfender-schillerporling/.


1. Ich weiß nicht, ob das heute noch üblich ist, vor ein paar Jahrzehnten war es auf dem Land noch gang und gäbe, Markierungen für eine Schnitzeljagd mit Bauschaum anzulegen. Falls Sie sich jemals gewundert haben, was Bauschaum auf Bäumen am Straßenrand zu suchen hat, jetzt wissen Sie Bescheid.
2. Mit einem zugegebenermaßen recht kleinen Rucksack.
3. Wie so oft, auch diesmal im Tröger/Hübsch.

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